Michaela Penz
Geragogik
Gartenpädagogik

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Ein Gastbeitrag von Geragogin Ilse Zembaty, M.Ed.

 

 

 

 Wie aus Bekannten Freunde werden

Menschen kennen sich vom Sehen, von der Arbeit, von gemeinsamen
Unternehmungen. Meist sind die Begegnungen unverbindlich. Man spricht
über Alitägliches wie über das Wetter, die Umgebung oder die Zeit. Nichts
Tiefschürfendes, eben „Small Talk“.

Wie kann aus einer zufälligen Begegnung aber mehr werden, etwa eine
Freundschaft? Dazu müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt werden. Man
muss etwa die gieichen Wertvorstellungen besitzen, für eine näheres
Kennenlernen nicht nur offen sein, sondern auch Zeit haben und eine tiefere
Beziehung überhaupt wollen.

Freundschaft setzt voraus, dass man bereit ist, eine wirkiiche Verbindung
einzugehen. Neben Interesse an dem anderen, muss auch Altruismus
vorhanden sein, d.h. die Fähigkeit, aus sich herauszugehen, eigene interessen
hintanstelien und einen anderen Menschen zu unterstützen und ihm helfen zu
wollen.

Egoisten taugen also nur selten zu wahrer Freundschaft. Wer nur immer seinen
Vorteil sucht, wird bei jeder Hilfestellung für andere, etwas zurückfordern
wollen, Leistungen aufdie Waagschale legen und sich schon bald ausgenutzt
vorkommen.

Man solite gute Bekanntschaften oder Zweckgemeinschaften auch nicht mit
Freundschaft verwechseln. Ein gutes Beispiel ist da eine Fahrgemeinschaft, bei
der sich alle gut verstehen, aberjeder einzelne eben den Vorteil für sich in
Anspruch nimmt, mobil zu sein. Man unterhält sich während der Fahrt
blendend, teiit die Kosten und wechselt sich in puncto Auto und Fahrer auch
noch ab. Das kann großartig funktionieren, hat aber mit Freundschaft nichts zu
tun.

Freundschaft rechnet nichts auf. Man ist für den anderen da, egal wie oft oder
wie lange. Man merkt gar nicht, dass man in einer solchen Verbindung einseitig
Leistungen erbringt, weil der andere plötzlich krank geworden ist, seinen Job
verloren hat oder ihm der Lebenspartner abhandengekommen ist. Man ist eine
Verbindung eingegangen und steht zu dieser, so lange es notwendig ist und so
lange man das persönlich vermag. Man kann sich gegenseitig auf einander
verlassen, nimmt Hilfestellungen dankbar an, auch wenn man weiß, dass man
diese nie „zurückzahlen” kann. Übrigens: ein kleiner oder großer

 

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Zahlungsverkehr hat in echter Freundschaft nichts verloren. Man tritt für
einander ein und das macht eigenartiger weise auch noch glücklich.

Kann man Freundschaft lernen?ia und nein! Man kann lernen, selbst die
Voraussetzungen für das, was wir Freundschaft nennen, zu erarbeiten. Also
seibstioser zu werden, hingabefähiger, vorurteilsfreier. Aber zur Freundschaft
gehören bekanntlich mindestens zwei und auf Nummer zwei sollte man in
puncto altruistische Fähigkeiten keinen Einfluss ausüben. Man kann die
Voraussetzungen für Freundschaft diskutieren — aber ob der andere bereit ist,
sich seiche Fähigkeiten auch anzueignen, muss dahingestelit sein.

Für sich selbst gilt, dass man in Bezug auf die Fähigkeiten, die Freundschaft
ermöglichen, stets besser, effektiver und innovativer werden kann. Man nennt
dieses Aus-sich-herausgehen auch Hingabefähigkeit und eigenartiger Weise
verleiht und das Verlassen unserer Selbstbezogenheit ein eigenartiges
Glücksgefühi. Wir treten aus einer gewissen persönlichen Enge heraus, sehen
plötzlich über den Tellerrand und nehmen die Dinge zwar ernst, aber nicht
mehr so schwer.

Ein gewagter Gedanke: Wenn unser Leben zu Ende geht und wir bewusst von
dieser Welt Abschied nehmen müssen, sollten wir da nicht auch die Fähigkeit
bereits erworben haben, ioslassen zu können, es in der Hand zu haben, sich
einer anderen Situation zuzuwenden und aus unserem Selbst herauszutreten?

Man selbst ist nur in der]ugend für sich ein interessantes .,Studienobjekt”, das
es zu erforschen gibt, wie es fickt und was ihm gut oder schlecht bekommt. Im
Lauf des Lebens werden wir für uns selbst mehr und mehr uninteressant. Wir
kennen unsja bereits zu Genüge. Nun erforschen wir die Welt und die
Menschen in ihr. Wir suchen nach Gleichgesinnten, denn mit ihnen iässt sich
nicht nur prächtig diskutieren, sondern auch Teilhabe zu erproben. Wir
gelangen in sensibies Terrain und wir lernen verstehen, was Verletzlichkeit
bedeutet und wie wir vermeiden anderen (seelische) Wunden zuzufügen bzw.
solche zu heilen. Wir lernen für einander da zu sein und genießen das
wunderbare Gefühl der „Schwereiosigkeit“, wenn echte Partnerschaft gelingt.
Wir erleben eine neue Sicherheit im Leben, denn wir können uns auf den
anderen verlassen — umso mehr als wir seibst bereits sind, ganz und ungeteilt
für den anderen da zu sein.

 

 

Michaela Penz, Neunkirchner Str. 52/2/12, 2700 Wr. Neustadt, Tel. 0676/9244476